Uschguli – atemberaubend und höchstgelegenes Dorf Europas
Uschguli – atemberaubend und höchstgelegenes Dorf Europas

Uschguli – atemberaubend und höchstgelegenes Dorf Europas

Die ganze Nacht hindurch hörten wir den Regen auf das Blechdach des Nachbarhauses prasseln. Mal mehr, mal weniger. Es kam ordentlich was runter, sodass heute nichts mehr staubt. Wie ich gestern schon erwähnte, geht es heute in den Ort Uschguli, das bekannteste Dorf in Oberswanetien. Um dorthin zu gelangen, bestiegen wir diesmal nicht den Bus, sondern nahmen zwei Allradfahrzeuge mit höherem Radstand. Die Region um Uschguli liegt so abgelegen, dass die Straßen oft in schlechtem Zustand sind. Felsbrocken liegen auf der Straße, Flüsse fließen darüber hinweg, und tiefe Löcher im Belag machen die Fahrt zu einem Abenteuer.

Uschguli Taxis

Wir setzten unsere Reise nach Uschguli bei Nieselregen entlang des Enguri-Flusses fort und fuhren in Serpentinen immer weiter den Berg hinauf. Unser Ziel lag 2.200 Meter über dem Meeresspiegel und war 44 Kilometer von Mestia entfernt, wo wir auf 1.600 Metern gestartet waren. Swanetien ist besonders bekannt für seine Wehrtürme, die immer Teil eines Hauses sind. An einem dieser Wehrtürme machten wir Halt und hatten die Gelegenheit, das Innere zu erkunden.

Uschguli Wehrturm
Uschguli Wehrturm

Man gelangt in den untersten Raum durch eine kleine Tür, der eine Fläche von ungefähr 3 x 3 Metern hat. Über eine schmale Treppe gelangten wir dann auf die nächste Ebene, deren Boden aus entrindeten Ästen bestand. Von dort aus war es möglich, problemlos nach unten zu schauen.

Man stieg über unsichere und wenig vertrauenswürdige Leitern noch zwei Stockwerke höher. Diese Betten wurden für Babys bis zu einem Jahr verwendet.

Uschguli Wehrturm
Kinderbett

Um sicherzustellen, dass die Kinder während des Schlafens gesichert waren, band man sie mit den Laken fest und konnte sie bei Bedarf leicht ergreifen und an einen anderen Ort bringen. Angesichts der wiederholten Konflikte zwischen Familien und benachbarten Dörfern schützte man sich und sein Eigentum mit den Wehrtürmen.

Uschguli Straße

Uschguli ist berühmt für die zahlreichen Verteidigungstürme, die es besitzt.

Uschguli Ort

Aufgrund des starken Regens sind die Straßen stark durchnässt und schlammbeschmiert, wodurch unsere Fahrt zum Wanderparkplatz nahe Uschguli im Auto sehr holprig war. Jetzt steht also der Beginn der Wanderung zum Schara-Gletscher bevor.

Zum Glück hat es aufgehört zu regnen und so liefen wir, bei kalten Temperaturen durch die herbstlich verfärbte Vegetation. Über einige Kilometer liefen wir stetig bergauf und es begann leider doch noch zu regnen, so dass alle ihre Regensachen herausholten.

Eigentlich sollten wir auf der Wanderung bei Uschguli eine atemberaubende Sicht auf die majestätische Südwand des höchsten Berges des Landes, den Schchara (5200 m ü. NN), haben. Doch heute scheint das Schicksal nicht auf unserer Seite zu sein. Der Niederschlag ließ zwar etwas nach, aber die dichten Wolken weigerten sich, weiterzuziehen, und hängen wie ein grauer Schleier über uns. Trotzdem erreichten wir den Gletscher, der sich, wie unsere Alpengletscher, immer weiter zurückzieht.

Auf dem Rückweg konnten wir noch einen flüchtigen Blick auf die unteren Schneehänge erhaschen, die wie weiße Bänder durch die Landschaft zogen. Doch für mehr reichte es heute leider nicht. Die majestätischen Gipfel blieben hinter einem dichten Vorhang aus Wolken verborgen, und so mussten wir uns mit diesen kleinen, aber dennoch beeindruckenden Eindrücken zufriedengeben.

Uschguli Wanderung

Zurück am Parkplatz machten wir es uns in einer kleinen Hütte gemütlich und genossen unser mitgebrachtes Picknick, ähnlich dem von gestern. Während wir im Trockenen saßen und die wohlige Wärme der Hütte spürten, zog die nächste Regenfront heran. Wir beobachteten, wie der Regen gegen die Fenster prasselte und waren dankbar, dass wir einigermaßen Glück mit dem Wetter gehabt hatten.

Auf dem Rückweg nach Uschguli fuhren wir wieder durch wassergefüllte Pfützen und überquerten kleinere Bäche, während im Radio swanetische Musik spielte. Die Melodien schufen eine stimmungsvolle Kulisse für unsere Fahrt durch die malerische Landschaft.

Anschließend wurden wir zum Lamarien-Kirchenkomplex in Uschguli gebracht. Die Erbauung wird auf das 9. oder 10. Jahrhundert geschätzt. Die Kirche ist klein und kompakt, die Fresken sind bereits stark verdunkelt, aber sie ist immer noch funktionsfähig und dient einem georgisch-orthodoxen Bischof als Sitz. Es war beeindruckend, die Geschichte und die spirituelle Bedeutung dieses Ortes zu spüren.

Uschguli Lamaria Kloster

Wir hatten dann noch eine halbe Stunde Zeit, um Uschguli auf eigene Faust zu erkunden. Die Gelegenheit wollten wir nutzen, um in dieser Höhe eine Cache-Dose zu suchen. Mit Spannung und Abenteuerlust durchstreiften wir die Umgebung, immer auf der Suche nach dem versteckten Schatz. Die klare Bergluft und die beeindruckende Landschaft machten diese kleine Entdeckungstour zu einem besonderen Erlebnis.

Uschguli Cache

Die Cache-Dose war nicht schwer zu finden, und so beschlossen wir, die restliche Zeit für den Besuch eines der Wehrtürme zu nutzen. Wir liefen zu einem nahegelegenen Turm und konnten von oben den kleinen Ort überblicken. Die Aussicht war beeindruckend, aber auch melancholisch. Viele der zerfallenen Gebäude in Uschguli wurden nach einem verheerenden Lawinenabgang nicht wieder aufgebaut, und die betroffenen Familien zogen nach Westswanetien um. Es war ein stiller Moment des Nachdenkens über die Vergänglichkeit und die Widerstandskraft der Menschen in dieser rauen, aber wunderschönen Region.

Für den Rückweg überquerten wir verschiedene Bergrücken, fuhren durch enge Serpentinen und malerische Flusstäler. Die Fahrt dauerte etwa 1 ½ Stunden und bot uns immer wieder atemberaubende Ausblicke auf die umliegende Landschaft. Die wechselnden Szenerien, von schroffen Felsen bis zu sanften Flussläufen, machten die Rückfahrt zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Uschguli

Unser Urlaub neigt sich langsam dem Ende zu, und wir freuen uns nicht nur auf unser eigenes Bett, sondern auch auf knusprige Brötchen und frisch gebrühten Bohnenkaffee. Bisher haben wir zum Frühstück immer nur Brot vom Vortag und löslichen Kaffee oder Schwarztee bekommen. Die Vorstellung, bald wieder den Duft von frisch gebackenen Brötchen und aromatischem Kaffee in der Nase zu haben, lässt uns das Ende der Reise mit einem Lächeln erwarten.

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