Für heute habe ich mir frei genommen. Nachdem ich in der Klinik zurzeit 185% arbeite und mich ausgebrannt fühle (innerhalb kürzester Zeit über 60 Überstunden angesammelt), habe ich um einen freien Tag gebeten. Da keine Termine in den Sprechstunden vergeben waren und es im Moment sehr ruhig ist (Sommerloch, da geht man lieber ins Schwimmbad oder klebt selbst ein Pflaster) konnte mein Chef dem Wunsch nach Erholung nicht widersprechen.

So packte ich meine Wanderschuhe und den Rucksack und machte mich auf den Weg in die Berge. Ich suchte Erholung fern der beliebten Strecken aber trotzdem nicht weit vom Wohnort entfernt. In meiner WanderApp fand ich eine Tour auf der Höhe der Schwägalp, nicht sehr anspruchsvoll und nur auf 1100 bis 1500 Höhenmetern gelegen.
Die Länge war mit 11 Kilometern nicht sehr lang und der Wetterbericht versprach für den Freitag morgens noch bewölkt und ab Mittag dann Sonne, also alles genau wie für mich gemacht.
Da mein Ziel Erholung war, schlief ich erstmal länger als an Arbeitstagen und frühstückte in Ruhe. Um 9.00 Uhr fuhr ich dann los und um 10.30 kam ich auf der Passhöhe an.

Der Säntis versteckte sich in den Wolken aber auf meiner Seite der Passstraße strahlte die Sonne.

Nach kurzer Orientierung fand ich auch schon den Weg und lief frischen Mutes los. Gleich am Anfang ließ ich mich von dem Nadelwald und der feuchten Waldluft verzaubern. In den letzten Tagen hat es hier sicher geregnet. Der Boden ist noch nass und matschig.

Immer wieder wurde der Weg mit Brettern und Ästen ausgelegt.

Ab und an ging es aus dem Wald raus und über alpine Feuchtwiesen.

Hier versäht sich gerade das Wollgras.
Als ich innehielt und nach den Vögeln hörte vernahm ich Warnrufe eines Zaunkönigs. Ich hielt nach ihm bzw. nach dem weshalb er so ein Gezeter veranstaltet Ausschau. Zaunkönige bauen ihre Nester in Gestrüpp oder Reisighaufen. Berge von Zweigen und Äste lagen hier mehrere rum. Auf einmal bemerkte ich etwas huschen, und schon konnte ich den kleinen Schreihals erspähen. Aber was ist denn da los? Da hüpft noch einer rum. Kaum hatte ich die beiden gesehen, schon waren sie in so einem der Häufen verschwunden. Dafür pfiff es aus der anderen Ecke wieder. Da saß der nächste Krakehler. Normalerweise entdecke ich ab und zu mal einen aber gleich drei von ihnen ist dann doch was Besonderes. Froh dies gesehen zu haben lief ich weiter bergauf.

Auf einer Lichtung mit Blick auf das Säntismassiv machte ich die erste Rast. Die hohen Berge stecken immer noch in den Wolken fest.
Hier hab ich versucht ein Selbstauslöser Bild zuschießen. Dazu habe ich den Foto auf die Bank gestellt und mich in Pose geworfen. Wird schon passen.

An einem abgestorbenen Baum hörte ich es klopfen und nach längerem Suchen fand ich auch die Quelle der Geräusche. Es dürfte ein Tannenhäher gewesen sein. Ganz sicher bin ich mir aber nicht. So gegen den hellen Himmel konnte ich es nicht ganz genau sehen.

Umso höher ich stieg umso weniger Bäume standen um mich herum. So befand ich mich plötzlich an einer Kante und konnte auf den Kronberg und den Bodensee sehen. Welch eine Überraschung. Plötzlich diese Fernsicht.

Als ich um eine Biegung kam stand da doch tatsächlich ein Auto in der Wiese.

Wie ist das denn hierhergekommen, geflogen? Ein Stückchen weiter sah ich dann den Weg und etwas weiter kam auch ein Gehöft in Sicht. Ja, das erklärt das Auto.
Nun kam ich aus der Baumgrenze raus und konnte meinen Blick schweifen lassen. Hier muss es eine Abzweigung zum Spicher geben. Der Höhepunkt meiner Wanderung.

Der Gipfel war dann doch eher eine Erhöhung in der Landschaft und kein richtiger Gipfel der Alpen.

Hier oben steht eine Alm mit Kühen auf der Wiese, aber die Sicht war sehr schön und ich war der einzige Zweibeiner weit und breit.

In der Ferne konnte ich den Bodensee im Dunst erahnen, der Kronberg mit seiner Seilbahn und der Säntis, der sich weiterhin in den Wolken versteckte.

Mein Plan hier eine Mittagspause einzulegen, scheiterte an den Kühen auf der Weide. Zwischen Kuhfladen und schmatzenden Vierbeinern fühlte ich mich nicht so wohl.

So ging ich den Hang wieder runter und durch ein kleines Wäldchen. Auf der nächsten Weide fand ich dann einen schönen Platz, mit Blick Richtung Säntismassiv, zum Verweilen. Meine WanderApp hat sich mittlerweile verabschiedet und der Handy Akku zeigte mir nur noch 45% an. Mist. Ich wollte nicht noch mehr Akku mit App-neu-starten verbrauchen. Mir war das Handy als Rettung im Notfall auf dieser einsamen Wanderung zu viel wert. Also, dann geht´s ab jetzt nach Wegweisern weiter. Ich bin ja nicht blöd. Die Richtung war klar, immer bergab. Die ausgesuchte Strecke sollte noch bis zum „Ofenloch“ führen und dann wieder zur Passhöhe. Als der Wegweiser in Richtung Passhöhe oder weiter bergab zum Ofenloch zeigte überlegte ich kurz wohin. Aber den angekündigten Wasserfall wollte ich dann doch noch mitnehmen.

So ging es wieder durch einen Wald. Der Wasserfall war dann doch ein kleiner Bach, der hier nicht einmal einen Meter in die Tiefe stürzt.

Na ja, nun habe ich das also auch gesehen. Hab schon beeindruckenderes erlebt.
Der Weg führte am gegenüberliegenden Ufer weiter an den Felsen entlang. Aber was kam denn jetzt? Diese Schlucht wird ja immer spektakulärer!

Hier sieht es aus wie in Arizona bei den Pueblos. In solchen Felsüberständen hausten damals die Prähistorischen Indianer. Von oberhalb bin ich gerade eben erst gekommen und wusste nicht was da unter mir liegt. Eine Kurve weiter kam der nächste Wasserfall. Das ist vermutlich der angekündigte, der in der Beschreibung so gelobt wurde.

Dieser fällt über eine größere Höhe und der Weg verläuft dahinter vorbei.

Sehr schön.
Ab hier musste ich bis zur Passhöhe wieder bergauf gehen. Das strengt ganz schön an. Dafür hatte ich jetzt Sicht auf den gegenüberliegenden Hang.

Dort hatte ich also zu Mittag gegessen und da oben sieht man die Alm auf dem Spicher.

Jetzt verlief die Strecke auf einer geschotterten, befestigten Straße, auf der ich gut vorankam.

Noch einmal ging es über Weideflächen und an einer Alm vorbei.

Das letzte Stück verlief auf der Strecke, die ich heute früh schon gegangen bin. Auf der Bank, von der aus ich heute früh die Selbstauslöser Aufnahme schoss, machte ich nochmals Pause.

Der Säntis hat sich heute nicht gezeigt aber meine Wanderung war genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Einsam, fernab der Touristenströme, abwechslungsreich, ruhig, mit Naturbeobachtungen und alles in der Bergkulisse des Appenzeller Lands.
