So langsam nähern wir uns dem Ende unserer Reise. Aber wir haben uns noch einen kleinen Leckerbissen dazu geholt. Wie ich es schon vor ein paar Tagen erwähnt habe, hat es Tom geschafft uns einen Übernachtungsplatz im Rocky Mountain National Park zu ergattern. Heute werden wir also in den Nationalpark hineinfahren. Die letzten Nächte waren schon recht kühl und so sind wir gespannt, wie es in diesen Höhen wird. Der Campingplatz liegt schon um die 2 700 M.ü.N. und die Passstraße, die wir dann durch den Nationalpark nehmen liegt auf 3 800 Metern.

Am frühen Morgen in Steamboat Springs schien die Sonne und es wurde rasch wärmer. Wir suchten nochmals einen Supermarkt, da uns doch noch das ein oder andere ausgeht. Wir benötigen noch für 2 x Mittagessen, Trinkwasser und Brot. Für uns immer wieder faszinierend, wie die Deko sich für Halloween wandelt. Auch das Angebot an süßen Kuchen findet man in unseren Supermärkten nicht.


Zwei Stunden lang kurvten wir immer höher in die Berge. Die Vegetation verändert sich wieder weg von den herbstlich verfärbten Laubbäumen hin zu den uns schon vertrauten Nadelbäumen, bei denen sich schon Wissenschaftler gestritten haben, ob es Douglasien, Pinien oder Kiefern sind.


Umso höher wir steigen, um so mehr sieht es nach Regen aus.

Als wir im letzten größeren Ort, Grand Lake, vor dem Rocky Mountain National Park kommen, regnet es.

Wir steigen trotzdem aus und erkunden den touristischen Ort. Da es gerade nass von oben kommt und wir hungrig sind, gehen wir eine Pizza essen.

Bis wir dann wieder aus dem Restaurant rauskommen, lacht uns die Sonne ins Gesicht und wir bummeln etwas durch die Läden.


Weiter geht die Fahrt, immer bergauf bis zum Eingang in den Nationalpark und ins Visitor Center.

Tom erkundigt sich bei einer freundlichen Rangerin nach Wandermöglichkeiten für morgen und wo man am besten Wild beobachten könnte. Sie verriet uns, dass abends an unserem Campingplatz Hirsche vorbei kämen. Wie wir so ins Gespräch kommen, erfahren wir von ihr, dass es heute auf der Passstraße geschneit hat und es nicht sicher ist, ob sie morgen die Straße wieder schließen müssen. Wir sind geschockt. Was machen wir denn nun. Von hier aus alles zurück und dann nach Denver? Schaffen wir es dann überhaupt zum Flieger übermorgen? Oh, weih.

So verwirrt fahren wir erstmal weiter zum Campingplatz. Der Mitarbeiter hier war richtig seltsam. Er erzählte uns alles Mögliche über Bären und Zeltplätze und Lebensmittel sicher verstauen usw. Als Tom sich bei ihm erkundigte, ob er wüste ab wann man erfährt, ob der Pass offen ist, kam nur er wisse auch nur das, was man ihm sagt. Mit dem Mann war nichts anzufangen. Wir suchten unseren Stellplatz, parkten rückwärts ein und verschnauften erstmal. Der Mann auf dem Stellplatz gegenüber läuft doch tatsächlich mit einer Waffe im Holster rum. Wo bin ich hier eigentlich gelandet?

Nach dem ersten Schock über die Straßenverhältnisse machten wir uns über die Weiterreise Gedanken. Sollen wir lieber gleich versuchen auf einem anderen Weg nach Denver zu gelangen? Wie lange benötigen wir dafür oder ab wann kann man damit rechnen eine zuverlässige Antwort über die Straßen durch den Nationalpark zu erhalten?
Wir brachten in Erfahrung, dass die Strecke um den Rocky Mountain National Park herum nicht wesentlich mehr Zeit benötigt als durch ihn hindurch. Also beschlossen wir, die Nacht hier zu verbringen und morgen früh die Lage zu checken.

So unternahmen wir vom Stellplatz aus einen kleinen Ausflug in der Hoffnung die Hirsche zu sehen. Unser Weg führte uns parallel zur Straße zum Holzwarth Historik Place. Hier steht noch ein altes Blockhaus, auf dessen Veranda wir uns setzten und die späte Sonne noch genossen. Zum Glück hat der Niederschlag aufgehört und wir sehen dem morgigen Tag entspannter entgegen.

Auf der Wiese am Colorado (das ist wirklich der Ursprung des großen, bekannten Stroms) sollen ab 17.00 Uhr Hirsche (Elk) zum Grasen kommen, das sagt nicht nur die Rangerin, sondern auch dieses Schild. Demnach müssen wir uns noch mindestens 30 Minuten gedulden.

Um uns die Zeit bis dahin zu vertreiben, wollten wir den Historic-Trail gehen. Wir kamen aber nicht weit. Als wir zu einem kleinen Zulauf des Colorados kamen, hörte ich etwas plätschern und ihr kennt mich, ich musste natürlich nach der Quelle des Geräuschs sehen. Ich traute meinen Augen kaum, im Wasser stand ein Elch (Moos) und nahm sein Abendessen ein.

Wir machten hunderte Aufnahmen und sahen ihm fasziniert zu. Elche haben um diese Jahreszeit nicht ihr beeindruckendes Geweih, aber seine Kopfform und sein Maul sind so charakteristisch, den kann man nicht verwechseln.
Wir beschlossen zurück zum Stellplatz zu gehen und auf dem Weg dorthin entdeckte ich schon gleich im Unterholz das nächste Tier. Diesmal viel kleiner und flinker. Bis wir mit Foto und Handy soweit waren, entfernte es sich immer weiter von uns. Zuerst dachte ich an ein Wiesel oder Marder, mittlerweile bin ich mir aber ziemlich sicher, einen Fischotter gesehen zu haben. Diese Tiere sind auch auf dem Land unterwegs und sie sollen hier im Bereich der Wiese und dem Fluss vorkommen.
Am Campingplatz angekommen vernahmen wir ein merkwürdiges „Geräusch“. Was war das? Eine quietschende Tür oder ein weiteres Tier? Kennt ihr die Szene aus Jurassic Park, in der der Forscher mit den Kindern im Baum übernachtete und am morgen die Brachiosaurier über die Ebene kommen und an den Bäumen die Blätter zupfen? Diese machten genau solche Töne. Wir sind uns sicher, dass das die Hirsche oder Elche waren. Leider konnten wir sie nicht entdecken. In die Richtung, aus der die Geräusche kamen, standen uns zu viele Bäume im Weg.


Für ein Abendessen war es noch zu früh. Nach der Pizza hatte keiner von uns Hunger, also liefen wir nochmals zu unserem Elch. Der stand nun nicht mehr im Bach sondern lag in der Wiese daneben und kaute wieder. So ein großes Tier und man sieht nur den Kopf rausschauen.

Am Abend im Camper im Rocky Mountain National Park überlegte ich, ob ich mich nun mit Anti-Bären-Spray im Camper und einem Nachbarn mit Waffe sicher fühlen soll oder ob genau dies ein Risiko darstellt. Was passiert wenn das Spray im Wohnwagen losgeht, der Mann gegenüber sich erschrickt oder sich ein Schuss löst? Was ich aber mit Sicherheit weiß, es wird eine kalte Nacht werden. Wir sind hier höher als der Gipfel des Säntis, der 2 502 M.ü.N. ist.