Am Morgen mussten wir feststellen, dass die Wettervorhersagen der letzten Tage nicht stimmten. Die Wolken kamen schon in dieser Nacht und nicht erst am Nachmittag. Laut unserer Wetter-App soll es um 10.00 Uhr einen Regenguss geben und dann im Laufe des Tages immer wieder nass von oben kommen. Na, super und das wenn man eine Radtour durchs Lonetal geplant hat. In unserer Herberge wird kein Frühstück angeboten, so dass unser Frühstücks-Plan so aussah: Wir fahren von hier mit leerem Magen die Rohrach bergauf bis zu ihrem Ursprung in Amstetten und dort dann in eine von Google empfohlene Bäckerei mit Frühstücksangebot. Die Backstube liegt ca. 30 Fahrminuten von Geislingen an der Steige entfernt. Das bedeutet aber, dass wir die Steige, ein alter Handelsweg auf die Schwäbische Alb, hinauf strampeln müssen, bevor wir mit Kaffee gedopt sind. Die Strecke steigt auf 5,7 Kilometer um 113 Höhenmeter an.

So beluden wir in der Garage unsere Bikes und mussten dann leider beim Verlassen feststellen, dass es nun stärker regnet. So wurden die Regenponchos doch schon am Anfang ausgepackt und drübergezogen. Gleich am Ortsrand überquerten wir die Rohrach, die mehrere Mühlräder auf ihrem Weg ins Tal bewegt.

Tom war vom Regen und dem fehlenden Coffein nicht so für Fotostopps zu haben, er wollte lieber zügig vorwärtskommen und dann im Warmen Essen und Trinken.


Unser Weg an der Rohrach entlang ist bei Sonne und warmen Temperaturen sicher ein Traum. Wir kamen an einem See vorbei, aber es schwammen nur Rostgänse darauf herum und die Singvögel hatten keine Lust bei dem Wetter uns mit ihrem Gesang zu verwöhnen. So strampelten wir weiter flussaufwärts über einige Brücken hinweg.



Als es so richtig kräftig zu regnen begann, kamen wir an einer Kornmühle mit Verkaufsladen vorbei. Kurzentschlossen bogen wir ab, um uns unterzustellen.

Aber welch glücklicher Zufall! Es ist nicht nur eine Mühle mit Einkaufsmöglichkeit, sondern auch eine Raststätte mit Frühstücksangebot. Dies nutzten wir doch gleich mal aus. Hier in der gemütlichen, warmen Stube konnten wir abtropfen und Kaffee, Rührei und Brötchen genießen.

Wir ließen uns lange Zeit und sahen den Tropfen zu, wie sie sich in immer größer werdenden Pfützen versammelten. Als der Niederschlag nachließ, brachen wir auf. Der Ober meinte noch: „Oh weh, Sie wollen die Steig zur Lone hoch? Da müssen Sie schon kräftig in die Pedale treten.“ Ja, der Anstieg hat es in sich, aber wir haben die tolle Unterstützung der E-Bikes. Also war es für uns kein Problem.

Oben in Amstetten musste Tom seine App neu einstellen, denn ab jetzt sind wir auf der „Albtäler Radtour Etappe 1“ unterwegs. Diese verläuft entlang der Lone durchs Lonetal bis zum Naturdenkmal „Fohlenhaus“ und geht dann nach Langenau hinauf, weg vom Fluss. Dort haben wir unsere nächste Unterkunft gebucht.

Im kleinen Dorf Urspring (ca. 880 Einwohner) entspringt die Lone auf etwa 562 M.Ü.M. Der Quelltopf ist 6 m tief und hat einen Durchmesser von 10 m, es treten durchschnittlich 220 Liter pro Sekunde an die Erdoberfläche. Das kristallklare Wasser stammt aus der bis 8 Kilometer entfernten Region bei Nellingen. Der Bach fließt in einem breiten Tal und versickert in seinem Verlauf immer wieder im Karstgestein der schwäbischen Alb. Wir werden also in einem albtypischen Trockental dahinradeln, in dem schon die Neandertaler in den Höhlen der Hänge hausten.


Vom türkis bis blau gefärbten Quelltopf führte unser Weg durch die kleine Gemeinde an der Johannis Kirche und dem Urspringer Wasserfall vorbei. (Der Wasserfall ist so klein, dass wir ihn glatt übersehen haben. Beim Fotografieren stand ich direkt daneben 😃.

Der nächste Ort, durch den wir kamen, war Lonsee. Am Rand des Orts liegt der Lonesee bei dem dieser riesige Neandertaler steht.

Das Kunstprojekt „Steinzeitmensch schnitzt Löwenmensch“ zeigt einen Menschen vor 40.000 Jahren wie er ein Elfenbeinstück bearbeitet. Für die Skulptur wurden acht Eichen miteinander verleimt und aus dem entstandenen Holzklotz in nur 9 Tagen dieses 6 Meter hohe Objekt mit Motorsägen gesägt.

In dem See konnte ich einen Biber beim Äste sammeln und am gegenüberliegenden Ufer hinaufsteigen beobachten. Da musste ich doch rasch mein Fernglas auspacken und ihn mir genauer betrachten. Das Vieh ist größer als ich dachte. Während wir hier verweilten, kamen wieder mehr Tropfen vom wolkenverhangenen Himmel und wir beschlossen den Schauer unter dem Laubdach abzuwarten. Der Plan ging auf, es ließ schon bald wieder nach und wir konnten die Reise weiter fortsetzen. Wenn das so weitergeht, wird es eine Stopp and Go Tour.


In Westerstetten kamen wir am 2007 restaurierten Alten Bahnhof, an der 1717 bis 1721 erbauten Pfarrkirche St. Martin und am neuen Rathaus vorbei.

Vor dem Rathaus steht eine Klohäuschen von dem wir am nächsten Tag auf der Geburtstagsfeier mehr dazu erfahren sollten. Ein Spaßvogel hat dies Häuschen hier abgestellt, um den Bürgermeister daran zu erinnern, dass es bei Festen im Kulturhaus immer nur mobile Toilettenhäuschen gibt. Im Gebäude ist kein WC vorhanden.

Ab jetzt werden wir mehrere Kilometer nur noch an den Ortschaften vorbeiradeln. Der Weg führte uns durch das oft weite Trockental der schwäbischen Alb mit frisch gemähten, saftig grünen Wiesen und leuchtend gelben Rapsfeldern.



Typisch sind die Felsbrocken, die in den Wiesen liegen und Höhlen an den Hängen, in denen schon die Neandertaler hausten.
Durch die Beweidung der Landschaft mit Wanderschäferei entstanden die hier typischen Wacholderheiden. Die Schafe fraßen alle schmackhaften Pflanzen ab und ließen die borstigen Heidesträucher, stachligen Disteln und giftigen Schwalbenwurz stehen. Heutzutage werden weniger Tiere auf die Flächen getrieben und die Verwaldung hat zugenommen.

Wir kamen an einer nachgebauten „Wässre“ vorbei. Den Begriff kannten wir auch nicht, aber eine Schautafel erklärt es uns. Es ist eine Wasserstaueinrichtung, um die Wiesen zu bewässern, zu düngen, Maulwürfe und Wühlmäuse zu vertreiben oder einen kleinen Badesee zu gestalten. Das Anstauen der Lone erfreute nicht alle. So kam es zu Streitereien zwischen den Bauern und den Müllern.

Eigentlich müssten wir hier an der Felsformation „Fohlenhaus“ das Lonetal verlassen und auf die Höhe nach Langenau fahren. Aber jetzt scheint die Sonne und es ist erst kurz nach Mittag und so ließen wir die Räder weiter der Lone (die hier trocken ist) folgen und kamen auf den Neandertaler-Weg. An seinen Rändern stehen mehrere Schautafeln zu den früher hier lebenden Steinzeitmenschen. Auf ihnen wird erklärt wie man vor mehr als 40.000 Jahren lebte und jagte. Die bekannteste Karsthöhle ist die Hohlensteinhöhle.

In ihr wurde 1939 Bruchstücke des heute bekannten Löwenmenschen gefunden. Bis ins Jahr 2013 wurden weitere Mammutelfenbeinteile ausgegraben und der Skulptur eingepasst. So besteht sie nun aus mehr als 260 Teilen und ist 31 cm hoch. Das besondere an ihr ist, dass sie einen Tiermenschen darstellt und das älteste Kleinkunstwerk der Menschheit ist. Durch Knochenfunde in der Nähe der Splitter konnte der Zeitraum, aus dem das Werk stammt auf vor 41.000 bis 35.000 Jahren datiert werden.

Nach so viel vertaubter Vergangenheit zog es uns zur Unterkunft nach Langenau. Um dorthin zu gelangen, müssen wir das Lonetal verlassen und über die Albhochfläche mit ihren großen Äckern fahren. In Lindenau kamen wir an der sehr einladenden Gaststätte „zum Schlössle“ vorbei und konnten dem Ruf nach Kaffee nicht widerstehen. Wir hatten heute bisher nur Frühstück und einen Apfel unterwegs, deshalb gab es zum Kaffee noch einen süßen Engel (Vanilleeis mit Eierlikör und Sahne) dazu. Sehr fein.

Beim Aufbruch sahen wir, wie es über unserem Zielort immer dunkler wurde und es pfiff uns hier auf der Ebene der Wind kräftig entgegen. Hoffentlich schaffen wir es noch vor dem nächsten Regenguss.

In Langenau erhielten unsere edlen Rösser in der Fahrradgarage ihr wohlverdientes Fressen (Strom für die Akkus) und wir erkundeten noch etwas (jetzt scheint wieder die Sonne) den Ort zu Fuß. Auf fast jedem Dach waren mehrere besetzte Storchennester mit Alt- und Jungvögeln zu sehen und ihr lautes Geklapper erfüllte die Gassen mit ihrem Klang. Das überraschte uns doch sehr. Das kannten wir bisher nur von Salem. Später fand ich raus, dass es mittlerweile über 100 Störche in Langenau gibt.


Die drittgrößte Stadt im Alb-Donau-Kreis nennt sich „Stadt der Quellen – Mühlen und Störche“. OK, die Vögel haben wir gesehen. Wo sind die Quellen und Mühlen? Die entdeckten wir auf unserem Stadtrundgang dann auch noch. Aus sieben Quellen tritt das klare Wasser an die Oberfläche und fließt richtig schnell durch die Kanäle dahin.


An manch einem alten Haus bewegt sich auch ein Mühlrad. Die Stadt hat viel zu bieten und ist einen Besuch wert.
Den ereignisreichen, sportlichen Tag ließen wir dann im Hotelrestaurant bei hervorragendem, köstlichem Essen ausklingen.


Nachdem der heutige Tag schon so wechselhaft war sind wir gespannt, ob wir es morgen trocken zum Fest nach Neenstetten schaffen werden.

